Leserecho „Ziellose Diskussion entzündet“

Mettmann · Zum offenen Brief „Der Abriss ist falsch“ des Architekten Klaus Englert in der vergangenen Ausgabe, gab es folgende Leserreaktionen:

Streitfall Neandertalhalle - „Mettmann sollte bei seinen Leisten bleiben.“

Foto: D. Herrmann

„Unsere Fraktion hat im Februar 2021 den Antrag gestellt, den Betrieb in der Stadthalle aufrecht zu erhalten. Zudem haben wir die Verwaltung um transparente Entscheidungsgrundlagen gebeten. Bekanntermaßen wurde unser Antrag abgelehnt, die Mehrheit hat die Schließung der Stadthalle beschlossen. Was ist seit Februar 2021 passiert? Nichts! Keine Vorschläge der Verwaltung. Keine Überplanung. Keine Kostendarstellungen. Die im ‚Offenen Brief‘ zur Petition vorgeschlagenen Ansätze für eine Umnutzung oder anderweitige Verwendung der Stadthalle wurden von der Verwaltung bislang als wirtschaftliches Desaster und die Bausubstanz als wirtschaftlicher Totalschaden vermittelt. Alternative Nutzungsformen, wie von Herrn Dr. Englert vorgeschlagen, waren somit vom Tisch.

Dennoch haben wir wie eingangs beschrieben für den Weiterbetrieb geworben und abgestimmt. Ungenutzte Immobilien verfallen sehr schnell und sterben. Wir sind der Meinung, dass wir ergebnisoffen die Möglichkeiten der Stadthalle betrachten sollten und nicht schleichend die Optionen beschneiden. Dazu ist es sinnvoll, zumindest kleine Deckungsbeiträge durch den Weiterbetrieb der Halle durchzuführen und dem Verfall nicht tatenlos zuzusehen.

Seit Jahrzehnten stehen hier finale Planungen und Entscheidungen aus. Wir hoffen, dass Dr. Englerts ‚Offener Brief‘ den Prozess rund um die Stadthalle nochmal unterstützt und beschleunigt.

Einige Passagen der Argumentation im Brief zur Petition halten wir allerdings auch für fragwürdig. Da heißt es, bei der Symbios-Befragung habe mit 35 Prozent eine große Mehrheit für ‚Investition in den Bestand‘ gestimmt. Das halten wir mit Verlaub für eine mutige Auslegung. 11 Prozent haben für Abriss und Ersatzhalle und 12 Prozent für Abriss ohne Ersatzhalle gestimmt. Also 23 Prozent für Abriss und 42 Prozent der Befragten haben ganz offensichtlich überhaupt keine Meinung zur Stadthalle gehabt. Dazu kommt: 2017 wurden 100 BürgerInnen befragt, die man zufällig angetroffen hat. Und 20 Kunden aus den Bereichen Schulen, Vereine, Unternehmen und Politik. Das ist nun wahrhaftig alles andere als repräsentativ, wenn man mal überlegt, wie viele Unterschriften man beispielsweise für ein Bürgerbegehren braucht. Dass die Verwaltung die Arbeit von Symbios nicht infrage gestellt hat, lässt uns staunend zurück.“

Andreas Konrad

Wählergemeinschaft

Zur Sache ! Mettmann

„Falsch! Nicht der Abriss ist falsch, falsch ist es, nach jahrzehntelangem Streit um Umbau, Abbruch, Neubau der Stadthalle nach demokratisch getroffenen Entscheidungen wieder eine ziellose Diskussion zu entzünden. Ich lebe seit über vierzig Jahre in dieser Stadt; die halbe Zeit davon leide ich mit vielen anderen Menschen aus Mettmann am Anblick einer zunehmend verrottenden, lieblos gärtnerisch gestalteten, fast leblosen Stadthalle - wenn da nicht noch die Stadtbibliothek wäre, die nach Kräften durch ihre Nutzer dem Gebäude etwas Leben einhaucht.

Der Bezug in Englerts Brief auf ‚Zeche Zollverein‘ könnte weiter her nicht geholt sein. Zeche Zollverein war Teil der Neuerfindung einer für Bund, NRW und die umliegenden Kommunen wirtschafts- und sozialpolitisch bedeutsamen Region. Geld spielte bei einem Vorhaben dieser Art nicht die große Rolle. (...) Mettmann ist überregional wenig bedeutend; die Stadthalle spielt eine emotionale Rolle, wenn es um ihren Abriss, dagegen kaum eine Rolle, wenn es um ihre Nutzung geht.

Die Behauptung, die ‚große Mehrheit‘ in Mettmann sei für einen Umbau der Stadthalle, ist falsch. Die ‚große Mehrheit‘ der Bürgerschaft wurde meines Wissens nie befragt. Befragt wurden ausweislich des in Bezug genommenen Gutachtens 50 Frauen, 47 Männer und 3 Familien in allen Altersklassen von 9 bis 84 Jahren; 35 Prozent davon waren für den Erhalt, das ist keine Mehrheit, erst recht keine große! Aus dem Gutachten wird deutlich: Mettmann sollte bei seinen Leisten‘ bleiben. Bei bescheidenen Mitteln und rasanter technischer/ digitaler Entwicklung ist die Stadthalle nicht das richtige Objekt für wohlfeile architektonische und ökologische Beschwörungen.

Für welche Nutzung soll eigentlich das im Brief plakativ in den Raum gestellte ‚architektonische Umnutzungspotenzial‘ bestehen? Was davon, glaubt man, bleibt inhaltlich nutzbar, wenn es unter den Zwängen des Architekten-Urheberrechts am Bauwerk und denen des Denkmalschutzes umgesetzt werden muss? Reicht es dann immer noch dafür, der Mettmanner Bürgerschaft ein bezahlbares, multifunktionales, für die digitale Welt optimiertes, ökologisches Funktionsgebäude zu erstellen - einen Treffpunkt zu schaffen für Kulturveranstaltungen, gesellschaftliche Events, für einen Ort des Ideenaustauschs, als Plattform für ein technisch zeitgemäß unterstütztes Bildungs- und Unterhaltungsangebot für Jung und Alt?

Bernhard Dreyer

Hinweis: Die in Leserbriefen geäußerte Meinung gibt nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich außerdem sinngemäße Kürzungen vor. Anonyme Zuschriften bleiben unberücksichtigt.