Mettmanner Haushalt „Da bleibt mir die Spucke weg“
Mettmann · Die Mettmanner Finanzexperten Dr. Helmut Peick und Harald Birkenkamp haben sich nach 2020 auch in diesem Jahr kritisch mit dem Haushaltsplan- entwurf der Stadt auseinandergesetzt. Und erneut sehen sie immensen Nachbesserungsbedarf.
Sechs, setzen! So könnte man – etwas überspitzt – die Bewertung des Haushaltsplanentwurfs der Stadt Mettmann durch Dr. Helmut Peick und Harald Birkenkamp zusammen fassen. Viele Stunden haben die zwei Finanzexperten gelesen, gerechnet und verglichen. Am Ende steht ein für die Stadtverwaltung wenig schmeichelhaftes Urteil: In dem Entwurf, so Peick und Birkenkamp, gebe es viele Ungereimtheiten und erhebliche formale Mängel. Die Darstellung sei unübersichtlich, teils fehlerhaft, widersprüchlich und unvollständig. Und die viel diskutierte Erhöhung der Grundsteuer B sei überhaupt nicht erforderlich.
„Wir haben den Haushalt von recht nach links gedreht“, erzählt Dr. Helmut Peick, „wir haben Fragen formuliert und wollen Antworten geben.“ Schon der Grundtenor der Haushaltsplanung sei falsch. Mettmann sei weder pleite noch stehe ein Nothaushalt an, zwar sei die Lage derzeit „nicht schön“, aber die Vermögenssituation akzeptabel. Deshalb sei die „Panikmache“ der Bürgermeisterin Sandra Pietschmann unbegründet. Die furchtsame Herangehensweise zeige sich zum Beispiel in der Planung der Gewerbesteuer, die ohne die Berücksichtigung der vom Landesministerium veröffentlichten Orientierungsdaten erfolge. Dadurch falle der gewählte Ansatz um 3 Millionen Euro zu niedrig aus. Bei einer entsprechenden Korrektur gemeinsam mit einer rigorosen Personalpolitik und Kürzungen bei den Sach- und Dienstleistungen wäre die geplante beträchtliche Anhebung der Grundsteuer B nicht mehr notwendig. Massive Kritik üben Dr. Helmut Peick und Harald Birkenkamp an den Personalkosten der Verwaltung. Diese würden im Zeitraum 2017 bis 2021 eine Steigerung von 26 Millionen auf 38 Millionen Euro aufweisen. Dr. Peick: „Da bleibt mir die Spucke weg.“
Der Anstieg der Personalkosten, so Dr. Helmut Peick, sei unfassbar. Tatsächlich sei dies Mettmanns wunder Punkt, hier bestehe dringender Handlungsbedarf. Eine wichtige Maßnahme zur Lösung des Problems sei in diesem Zusammenhang, offene Stellen nicht neu zu besetzen.
Auch bei den Plänen zur Umsetzung von Großprojekten sind die Finanzexperten skeptisch. Zur Realisierung von Gesamtschule und Feuerwehrneubau würde die Verschuldung 2020 bis 2024 im investiven Bereich um 63 Prozent von 78 Millionen auf 127 Millionen Euro steigen. Eine weitere Zunahme würde aus den Folgekosten für die Projekte entstehen. Sparpotenzial sehen beide beim Thema Gesamtschule. Nach den Berechnungen von Dr. Peick und Harald Birkenkamp käme es die Stadt rund 16 Millionen Euro günstiger, wenn sie die Realschule erhalten würde, statt ausschließlich auf die Gesamtschule zu setzen, die aufgrund der erforderlichen Größe von acht oder gar neun Zügen den Haushalt um 40 Prozent mehr belasten würde als dies bei einer vierzügigen Gesamtschule der Fall wäre.
Eine große Gefahr für das Haushaltsergebnis, so die Experten, sei das geplante Anwachsen der Liquiditätskredite bis 2024 von 51 Millionen auf 93,2 Millionen Euro. Dies steigere die Zinsänderungsrisiken auf Dauer immens.
Am Ende ihrer Einschätzung geben Dr. Helmut Peick und Harald Birkenkamp einige Handlungsempfehlungen für die Verwaltung, darunter diese: Anhebung des gewählten Ansatzes für die Gewerbesteuer; Verzicht auf die Grundsteuer; Reduzierung der Personalkosten und ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept. Darüber hinaus halten beide die Ermittlung der Folgen von Abriss oder Betrieb der Stadthalle auf Basis eines Expertengutachten für erforderlich.
Die jüngst von Seiten der Politik vorgeschlagene Schließung der Stadthalle sei keine Lösung, da die Aufwendungen bestehen blieben, der Effekt mithin gleich Null wäre. Der Abriss der Halle indes sei finanzwirtschaftlicher Unsinn. Man müsse deshalb alles versuchen, um die Halle zu halten.