Freigelegte Stadtmauer wird zunächst geschützt überbaut werden
Mettmann · Am 11. und 12. Januar 2016 sind in der Freiheitstraße bei der Aushebung von Schächten für Baumscheiben Reste der Stadtmauer aufgedeckt worden. Die Funde sind von den Mitarbeitern der archäologischen Fachfirma Archbau dokumentiert worden.
Am morgigen Dienstag wird mit der Verfüllung der Baugrube begonnen. Um den Baufortschritt nicht zu behindern, wird die freigelegte Stadtmauer zunächst geschützt überbaut werden. Über die dauerhafte Sichtbarmachung soll zu einem späteren Zeitpunkt in den politischen Gremien entschieden und beraten werden.
Die zuständige Archäologin Dr. Tünde Kaszab-Olschewski schreibt:
Freilegung der Stadtmauer in Mettmann 2015-2016
Seit Frühjahr 2015 werden in Teilen der Mettmanner Innenstadt unterirdisch gelegene Leitungen und Kanäle ausgetauscht sowie die Pflaster erneuert. Da dieser Bereich (Altstadt) seit 2008 als eingetragenes Bodendenkmal besonderen Schutz genießt, werden die Bauarbeiten nach Vorgabe des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege durch Mitarbeiter einer archäologischen Fachfirma (ARCHBAU) begleitet.
Im Zuge der Eingriffe sind im August 2015 in der Neanderstraße (nahe Lavalplatz / Mittelstraße) in acht Meter Länge die etwa Ost-West ausgerichteten Reste der ehemaligen Stadtmauer zum Vorschein gekommen. Die Mauer wurde aus lokalem Bruchstein (Schiefer) errichtet. Die dokumentierte maximale Höhe war 1,10 m und die Breite betrug 1,40 m was allerdings nicht der ursprünglichen Gesamtbreite entsprach, denn die äußeren Mauersteine waren ausgebrochen.
Am 11. und 12. Januar 2016 sind in der Freiheitstraße bei der Aushebung von Schächten für Baumscheiben in vier Fällen erneut Reste der Stadtmauer (je 2 Meter lange Stücke) aufgedeckt worden. Der Verlauf der ehemaligen Befestigung konnte hier insgesamt auf 23 m wahrscheinlich gemacht werden. Strukturell sind diese Mauerfragmente mit dem in der Neanderstraße identisch, jedoch waren hier noch die äußeren Kantensteine vorhanden.
Die Stadtmauer wurde in sog. Zweischalentechnik errichtet, d. h. zunächst wurden — wie der Name auch sagt — zwei Mauerschalen geschaffen und dann ist der Zwischenraum verfüllt worden. In Mettmann sind für die Mauerschalen große Bruchsteine (60-80 cm lang und 10-12 cm hoch) der Länge nach zersägt worden. Die so entstandenen geraden Kanten sind als Sichtseite nach außen gerichtet und die Steine übereinander leicht versetzt aufgeschichtet worden. Als Verfüllung des Zwischenraumes verwendete man kleinere Bruchsteine — ebenfalls Schiefer — und Mörtel (aus Sand und Kalk).
Bezüglich der Datierung der Mettmanner Stadtmauer ist eine Urkunde aus dem Jahr 1424 bedeutend, die nicht nur die bereits vorhandene Befestigung, also Mauer, Graben und wohl auch einen Wall erwähnt, sondern auch die Erhaltung und Renovierung bereits im Verfall begriffener Teile einfordert. Demnach erfolgte die Errichtung offenbar im 13.-14. Jh. oder eventuell noch früher.
Die Zerstörung bzw. Schleifung der Umwehrung ereignete sich während bzw. nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Zumindest diese Datierung kann die ansonsten fundarme Ausgrabung etwa bestätigen. Eine Keramikscherbe aus der Ausbruchgrube kann als Rheinisches Steinzeug, Siegburger Machart, aus dem 17. Jh. bestimmt werden.
Nach der Aufgabe der Verteidigungsanlagen (Mauer, Graben, Wall) ist dieser Bereich — nach Meinung des Heimatforschers H. G. Hütten — wahrscheinlich als Garten benutzt worden, bis man hier um 1750 die Freiheitstraße anlegte und ab 1775/1780 die Evangelische Kirche erbaute.
Es ist zwar bekannt gewesen, dass das mittelalterliche Mettmann eine Stadtmauer besaß, aber die genaue Lage der Umwehrung war in Vergessenheit geraten. Nach den Entdeckungen 2015-2016 kann ein großer Teil des südlichen Verlaufs als gesichert gelten.
Dr. Tünde Kaszab-Olschewski M. A.
(Fa. ARCHBAU)