Der Bund der Steuerzahler kritisiert den Mettmanner Haushalt und wendet sich direkt an den Stadtrat „Steuererhöhungen sind nur zu vermeiden, wenn der Stadtrat gegen lenkt“
Mettmann · Der Bund der Steuerzahler NRW appelliert an die Mettmanner Ratsfraktionen, den Etatentwurf 2020 überarbeiten zu lassen.
Der Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen (BdSt NRW) ist nach Durchsicht des Mettmanner Haushaltsplans 2020 in großer Sorge um die langfristige Solidität der Mettmanner Finanzen und befürchtet zukünftig massive Steuererhöhungen. Aus diesem Grund hat der Verband heute alle Ratsfraktionen der Stadt Mettmann angeschrieben.
In dem Schreiben wird erläutert, welche Entwicklungen bei den städtischen Finanzen für den BdSt NRW besorgniserregend sind und was die Kommunalpolitiker tun können, um mit Blick auf die schwierige Etatlage gegenzulenken.
„Heute wenden wir uns an Sie, weil wir nach Durchsicht des im Internet verfügbaren Entwurfes des Haushaltsplans 2020 in großer Sorge um die langfristige Solidität der Mettmanner Finanzen sind“, schreibt Eberhard Kanski, stellv. Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler NRW. „Nach den vorliegenden Zahlen rechnet die Verwaltung für dieses Jahr trotz steigender Steuereinnahmen mit einem betriebswirtschaftlichen Verlust in Höhe von rund 3,7 Millionen Euro. Er soll durch Inanspruchnahme der allgemeinen Rücklage buchhalterisch ausgeglichen werden.“
Diese Ausgleichsrücklage, die vom Gesetzgeber eigentlich für diese Zwecke vorgesehen sei, stehe wegen der Verluste der Vorjahre nicht mehr vollständig für den Etatausgleich zur Verfügung. „Für die Haushalte bedeutet dies, dass eine echte Reserve nicht mehr existiert, weil in der Vergangenheit das Aufwandsniveau im Vergleich zu den Erträgen regelmäßig zu hoch war“, so Kanski. „Da auch in den Folgejahren in den Mettmanner Etats Fehlbeträge erwartet werden, befürchten wir zukünftig massive Steuererhöhungen.“
Dies kritisiert der Bund der Steuerzahler. „Das örtliche Hebesatzniveau ist heute schon sehr hoch, wie Vergleiche des Bundes der Steuerzahler NRW und anderer Institutionen zeigen.“
Doch das ist nicht die einzige „besorgniserregende Entwicklung“. Auch in anderen Bereichen der städtischen Finanzen gäbe es Probleme. Diese listet der BdSt einzeln auf.
1. „In den nächsten Jahren soll die Verschuldung auf über 195 Millionen Euro anwachsen. Zwischen 2016 und 2023 steigt die Schuldenlast um mehr als 70 Prozent. Hinweise, wie dieser Schuldenberg wieder abgetragen werden kann, finden wir im Haushaltsentwurf nicht.“
2. „Zu überprüfen sind die Wachstumsraten der Personalausgaben. Diese laufenden Ausgaben nehmen im Zeitraum von 2018 bis 2023 von mehr als 28 auf über 38 Millionen Euro zu. Dies entspricht einem Wachstum von rund 35 Prozent. Die aktuellen Steigerungsraten der Personalausgaben in den Orientierungsdaten, die vielen NRW-Städten als Richtschnur dienen, liegen nur bei einem Prozent jährlich. Ursächlich verantwortlich für diese hohe Zunahme der Personalausgaben ist ein fulminanter Anstieg der Planstellen auch in der Verwaltung selbst.“
3. „Für die schwierige Etatsituation sind auch die ehrgeizigen kommunalen Investitionsprojekte verantwortlich. Der aktuelle Etatentwurf sieht unter anderem zwei Großprojekte vor, den Bau einer Gesamtschule und einer Feuerwache. Hier will die Verwaltung sogenannte „Verpflichtungsermächtigungen“ beschließen lassen, die direkten Auswirkungen erst in den Haushalten der Folgejahre haben werden. Das ist haushaltsrechtlich zulässig, bindet aber die Politik langfristig. Damit werden den neuen Stadträten, die bekanntlich im September 2020 gewählt werden, Gestaltungsmöglichkeiten genommen. Anregen möchten wir ferner, den vorliegenden Etatentwurf um die im Gemeindehaushaltsrecht vorgesehenen Wirtschaftlichkeitsvergleichs- und Folgekostenberechnungen für die Investitionen zu erweitern. Diese Rechenwerke ermöglichen der Kommunalpolitik bessere Sachentscheidungen.“
Der Bund der Steuerzahler appelliert deshalb an die Fraktionen, an die Verwaltung heranzutreten, um sie zu einer Überarbeitung des Etatentwurfs 2020 zu bewegen. „Die Jahresfehlbeträge sind ohne Griff in das städtische Tafelsilber auszugleichen“, schreibt Eberhard Kanski. „Die zukünftigen Kreditaufnahmen sind deutlich zu reduzieren. Der Investitionshaushalt ist zu überarbeiten. Folgekosten der Investitionen sind genau zu berechnen und in den Etat aufzunehmen. Aufgabenkritische Überlegungen sind das finanzpolitische Gebot der Stunde für die Verwaltung und die Politik. Nur mit diesen Maßnahmen sind Steuererhöhungen zu vermeiden, die wir mit Blick auf die schwierige Etatlage für das Jahr 2021 prognostizieren, wenn jetzt nicht vom Stadtrat gegengelenkt wird.“