Andreas Müller ist seit 25 Jahre Sexualpädagoge bei der pro familia Mettmann "Die Kinder müssen eine Medienkompetenz lernen"

Mettmann · Wenn Andreas Müller seinen Job macht, dann braucht er mitunter ein dickes Fell. Der Sexualpädagoge der Mettmanner pro familia besucht Schulklassen, um ihnen Tipps und Informationen rund um das Thema "Sexualität" zu geben.

Andreas Müller arbeitet seit 25 Jahren als Sexualpädagoge. "Mein Traumjob", sagt der 54-Jährige.

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"Das kann mitunter sehr laut werden, wenn ich die Klassen betrete", sagt Müller, der seinen Job in Mettmann am 1. April 1991 angetreten hat und jetzt sein 25. Dienstjubiläum feiert. "Da werden pantomimisch eindeutige Bewegungen gemacht und gebrüllt 'Da kommt der Sexmann von der pro familia!' Das ist allerdings die Ausnahme, meist sind die Schüler gemäßigter, obwohl es zunächst meist eher albern her geht. Bei den ernsteren Themen ist es dann jedoch fast immer mucksmäuschenstill im Klassenzimmer." Müller erzählt dies lachend, er kann das ab und baut eine gute Beziehung zu den Kindern und Jugendlichen auf. Man merkt sofort, dass er an seinem Job auch nach einem Vierteljahrhundert noch jede Menge Spaß hat.

Andreas Müller besucht mit seinen Kolleginnen die weiterführenden Schulen im Kreis Mettmann und schon allein wegen der schieren Anzahl haben die Pädagogen sehr viel zu tun. Da er der einzige männliche Berater ist, ist der Terminkalender fast immer voll. "Ich habe in Mettmann eine halbe Stelle, die andere Zeit bin ich in Oberhausen aktiv. Ich betreue die männlichen Schüler, die Kolleginnen die Mädchen."

Als Andreas Müller 1991 mikt 29 angefangen hat, gab es keine Strukturen auf die man aufbauen konnte. Die Sexualberatung war völliges Neuland. "Es brauchte ein halbes Jahr Öffentlichkeitsarbeit bis sich die erste Schule über eine Schulsozialarbeiterin bei uns meldete. Da ich in dem Bereich neu war, musste ich erstmal in einer größeren Beratungsstelle hospitieren und die Strukturen des pro familia Landesverbandes NRW kennen lernen."

Damals gab es auch Fragen, ob er nicht zu jung wäre. "Das ist lustig, damals mit 29 Jahren war ich für manche zu jung, heute mit 54 bin ich für manche zu alt. Ich denke da nicht mehr groß drüber nach", sagt er.

Mit der Zeit kamen immer mehr Anfragen und mittlerweile sind es vorwiegend Schulen, die Müller besucht. In seiner Arbeit haben sich die Themenfelder verschoben. "1991 und auch die Jahre danach war das Thema AIDS sehr präsent." Das Benutzen von Kondomen und die Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten standen im Vordergrund. "Heute sind die Kinder aufgeklärter, allerdings auch durch die leichte Verfügbarkeit von Pornographie häufig überfordert."

So würden sich viele Jungs durch die in den Filmen dargestellte Art der Sexualität unter Druck gesetzt fühlen und das, was sie sehen als Realität wahrnehmen. Das stellt die Jungen häufig vor große Probleme. "Das Frauenbild der Pornos hat ja mit der Realität nichts zu tun, trotzdem denken die Jungs, das ist wirklich so." Vergleiche zwischen den Pornodarstellern und den Jungen bauen zusätzlich Drucksituationen auf. "Die Kinder und Jugendlichen kommen mit dieser Art der Pornografie häufig nicht zurecht. Eine Medienkompetenz muss sein und ist entscheidend, damit sie unterscheiden können zwischen den meist falschen Bildern der Pornos und der Realität."

Doch wie können Kinder und Jugendliche noch liebevolle und verantwortungsvolle Sexualität erlernen in Zeiten der Sexualisierung und Pornografisierung der Gesellschaft? "Da wir keine Eltern und keine LehrerI sind und unter Schweigepflicht stehen, öffnen sich die Jugendlichen uns gegenüber und können vorurteilsfrei über das Thema Sexualität sprechen. Sie brauchen keine Sanktionen zu befürchten oder eine moralische Verurteilung. Nach den Gruppenveranstaltungen, die wir geschlechtsspezifisch durchführen, können sich die Jugendlichen in der offenen Jugendsprechstunde (donnerstags von 15 bis 17 Uhr) wieder melden und auch Einzelgespräche mit uns führen", sagt Andreas Müller.

2001 hat der der gelernte Diplom-Sozialarbeiter mit einer Zusatzqualifikation zum Gestalt- und Sexualtherapeutenauch die Leitung der Beratungsstelle übernommen. Zu den Höhepunkten in seiner Leitungsfunktion gehörte die Gründung des Fördervereins im Jahr 2005, der die Beratungsstelle pro familia in Mettmann seitdem tatkräftig unterstützt, ideell wie finanziell. Und auch hier zeigt sich, wie sich Menschen mit vollem Herzen der Sache der pro familia annehmen.

"Die Palette der Arbeit ist sehr vielfältig, bunt und sehr abwechslungsreich. Auch nach 25 Jahren sage ich, dass es mein Traumjob ist. Ich habe wirklich das Gefühl, dass ich mit meiner Arbeit etwas bewirken kann. Und das möchte ich auch noch in den nächsten Jahren tun. Ich danke allen, die bisher unsere Arbeit unterstützt haben und blicke dankbar auf 25 Jahre zurück. Ich freue mich auf viele weitere Jahre mit diesen engagierten KollegInnen der pro familia Beratungsstelle Mettmann und im bundesweiten Verband", resümiert Andreas Müller.

(Schaufenster Mettmann/Felix Förster)