Ibo Kilics Familie lebt in Angst um den Bruder „Ismet wurde in Slowenien verhaftet, ihm droht die Auslieferung in die Türkei“
Mettmann · Ibrahim Kilic ist in Mettmann eigentlich nur als Ibo bekannt. Der stets bescheiden und freundlich auftretende Mann betreibt eine Änderungsschneiderei auf der Mühlenstraße.
Ibo spricht eigentlich nicht viel, er lässt normalerweise lieber seine Fingerfertigkeit als „Schneider Mettmanns“ für sich sprechen. Bei den Mettmannern genießt er einen tadellosen Ruf. Von dem unvorstellbaren Kummer, der ihn seit knapp drei Wochen befallen hat, ahnt jedoch niemand etwas. Doch Ibrahim Kilic ist in großer Sorge um seinen Bruder Ismet (54), der in Duisburg lebt und in Düsseldorf Taxi fährt. „Mein Bruder ist mit seiner Frau Nürgül und einem befreundeten Pärchen in den Urlaub nach Kroatien gefahren“, erzählt Ibo. „Auf der Rückreise wurden sie an der kroatisch-slowenischen Grenze kontrolliert.“
Was dann passiert ist, klingt wie ein Alptraum. Ismet Kilic wurde vor den Augen seiner Frau und seiner Kinder festgenommen. Der geschockten Ehefrau wurde dann mitgeteilt, ihr Mann würde von Interpol gesucht. Dieser Haftbefehl stammt aus der Türkei, die Ismet Kilic 1997 verlassen hatte. „Mein Bruder war in Ankara als staatlicher Veterinär tätig. Für Beamte gab es damals in der Türkei keine Gewerkschaften. Mit einigen Kollegen wollte Ismet eine gründen und hat sich zudem für Menschenrechte eingesetzt“, erzählt Ibo Kilic. „Man muss wissen, dass der türkische Staat dies schon damals nicht gern gesehen hat, vor allem da mein Bruder Kurde ist. Ihm wurde quasi unterstellt, eine terroristische Vereinigung gründen zu wollen.“
Laut Ibo Kilic floh sein Bruder, um einer Haftstrafe zu entgehen, damals als politischer Flüchtling aus der Türkei und beantragte in Deutschland Asyl, das erteilt wurde. „Sowohl mein Bruder als auch ich sind mittlerweile in Deutschland eingebürgert und perfekt integriert.“ Ismet und Ibo Kilic sind deutsche Staatsbürger. Und einer davon sitzt jetzt in einem slowenischen Gefängnis und wartet auf seine Auslieferung in die Türkei.
Eine unglückliche Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch das Landeskriminalamt (LKA). Seit 2017 hat das Amt nämlich die Pflicht, betroffene Bürger, nach denen in anderen Staaten gefahndet wird, zu warnen. Mit Hilfe eines Computerprogramms werden die Akten der Bürger nach Schlagworten durchsucht. So konnten bereits mehrere Hundert Personen über die Gefahr ihrer Festnahme informiert werden. Warum Ismet Kilics Name dabei nicht aufgetaucht ist, weiß niemand.
Nun sitzt der 54-jährige deutsche Staatsbürger in Slowenien fest und sein Bruder Ibo weiß nicht mehr weiter. Die deutsche Botschaft in Slowenien und das Konsulat konnten nach seinen Aussagen bisher nicht helfen. Anwälte wurden engagiert und arbeiten an der Freilassung seines Bruders. Doch die Zeit drängt, denn die slowenischen Behörden setzen sich eine Frist von 18 bis 40 Tagen, bevor sie jemanden ausliefern. Drei Wochen sind jetzt vergangen und was Ismet Kilic bei einer Auslieferung in der Türkei blüht, möchte sich niemand ausmalen...