Das große Interview mit Hans Günther Kampen von der UBWG „So kann es nicht weiter gehen“
Mettmann · Hans Günther Kampen, der Fraktionsvorsitzende der Unabhängigen Bürger Wähler Gemeinschaft (UBWG), nimmt im großen Schaufenster-Mettmanner-Interview Stellung zu aktuellen Themen wie der geplanten Gesamtschule, dem Wahlerfolg der Grünen, zur Verkehrssituation in Mettmann, der fehlenden Streitkultur in der Mettmanner Politik und zu einem möglichen Bürgermeisterkandidaten von CDU und SPD. Auch persönliche Themen wie seine Beziehung zur Goldberger Mühle werden angerissen.
Wie ginge es mit der Goldberger Mühle und dem Verein weiter, wenn Sie aufhören würden?
Hans Günther Kampen: „In der Goldberger Mühle habe ich mit den Mitgliedern unseres Vereins aber auch mit Handwerkern, die unentgeltlich gearbeitet haben, viel Arbeit investiert und auch Herzblut verloren. Bislang hat sich an meinem zeitlichen Einsatz für die Mühle noch nichts geändert. Sehr gerne würde ich mit meinen 86 Jahren das Amt des Vorsitzenden an einen Jüngeren übergeben. Aber leider hat sich bislang noch keiner gefunden, der den Vorsitz übernehmen möchte und auch bereit ist viel Freizeit für die Arbeit zu opfern. Der Vorsitzende muss nämlich selbst häufig Hand mit anlegen. Die Substanzerhaltung des Baus ist das oberste Ziel um das unter Denkmalschutz stehende Gebäude Goldberger Mühle zu erhalten.“
Sie als ehemaliger Sozialdemkokrat, was denken Sie bei der Selbstdemontage der SPD auf Bundesebene? Blutet Ihnen da das Herz?
„Auch wenn ich seit 40 Jahren wegen der besonderen Vorkommnissen in der SPD vor Ort nicht mehr Mitglied bin, macht es mich traurig, dass eine so alte Partei immer mehr an Bedeutung verliert. Die SPD findet sowohl auf Bundes- und Landesebene seit längerer Zeit nicht mehr die richtigen Antworten auf die brennenden Sorgen und Fragen der Bürger. Der letzte Bürgermeisterwahlkampf der SPD in Mettmann war doch ein Beweis dafür, dass Persönlichkeiten in der SPD fehlen.“
Die Grünen haben bei der Europawahl sehr gute Ergebnisse eingefahren. Wie bewerten Sie diese Partei und die Klimadebatte?
„Die Klimadebatte haben sowohl CDU als auch SPD unzureichend geführt. Gerade die Bundesregierung hat sich ja jetzt in dieser Sache wieder blamiert, indem wichtige Kabinettsbeschlüsse dazu auf den Herbst verschoben wurden. Dann darf man sich auch nicht darüber wundern, dass die Grünen ein so tolles Wahlergebnis erzielen. Gerade die jüngere Generation hat sehr deutlich mit ihrem Wahlverhalten gezeigt, dass der Umweltschutz bei ihnen hohe Priorität genießt. Ob die Grünen bei einer Regierungsverantwortung ihre Zusagen allerdings einhalten, bleibt abzuwarten. Hier habe ich nämlich erhebliche Zweifel.“
Die Verkehrssituation spitzt sich von Woche zu Woche zu. Nun kommen die Bewohner aus Mettmann-Süd wegen der Sperrung an der Talstraße überhaupt nicht mehr raus. Antworten geben Politik und Verwaltung gar nicht mehr. Vielmehr hört man Floskeln wie „Dann müssen wir weg vom Auto“, „In Mettmann gibt es zu viele Autos“. Das ist ein Armutszeugnis und der Frust in der Bevölkerung wächst. Ihre Stellungnahme dazu.
„Die Verkehrssituation in Mettmann ist in der Tat katastrophal. Aktuell sieht man, dass eine vernünftige Baustellenkoordinierung leider überhaupt nicht stattfindet. Dies wäre nämlich Aufgabe der Stadtverwaltung. Das vorliegende Verkehrsgutachten hätten wir uns sparen können, denn die getroffenen Aussagen, wie man den Verkehr in Mettmann besser bewältigen kann, sind mehr als peinlich.
Die topografischen Verhältnisse in Mettmann lassen insbesondere für die älteren Mitbürger die Nutzung des Fahrrades nur schwer zu. Zudem hätte die Verwaltung die Gutachter durch aktuelle Verkehrsänderungen informieren müssen. Die finden nämlich im Gutachten keine Berücksichtigung. Aber auch die Politik vor Ort - da übernehme ich mit Verantwortung - hat durch Entscheidungen bei Bebauungsplänen mit zur Vermehrung des Autoverkehrs gesorgt.
Wenn aber die Fachverwaltung durch Verkehrsgutachten belegt, dass die Zunahme des PKW-Verkehrs bewältigt werden kann, steht man als Rat vor dem Widerspruch, notwendige Wohnbebauung zu Lasten des Verkehrs zu verhindern. Die Wohnbebauung an der Ratinger Straße in Metzkausen ist das beste Beispiel. Und der Bürgermeister hat bei Kritik des Bürgervereins zu der Verkehrszunahme erklärt, dass der Gutachter hier keine Probleme sähe. Mit anderen Worten sagt doch der Bürgermeister, wo viel Verkehr ist, kann noch ein weiterer hinzukommen. Hier hätten wir als Rat die Bremse ziehen müssen.“
Wie bewerten Sie eine Gesamtschule? Experten sagen, ein Gymnasium müsste dann weichen. Ist eine Gesamtschule notwendig? Wie steht die UBWG dazu?
„Die UBWG hat sich für eine Gesamtschule ausgesprochen, wenn der Bedarf nachgewiesen und die Finanzierung solide gesichert ist. Zu beiden Fragen haben wir noch keine Antwort. Ich habe ja gerügt, dass die Machbarkeitsstudie zur Frage der Finanzierungsfolgekosten keine Aussagen enthält. Sonst besteht nämlich die Gefahr, dass eine neue Schule gebaut wird und die vorhandenen Schulen in der Substanzerhaltung vernachlässigt werden.
Das hat doch eindrucksvoll der Schulleiter des Heinrich-Heine-Gymnasiums vorgetragen. Wenn allerdings durch die Errichtung einer Gesamtschule ein Gymnasium gefährdet ist, wird sich die UBWG für den Erhalt beider Gymnasien aussprechen. Bürgermeister Dinkelmann, der sich ja zunächst gegen eine Gesamtschule ausgesprochen hat, hätte sich zu Beginn seiner Amtszeit stark machen sollen, für die Gründung eines Gesamtschulzweckverbandes zu werben. Wülfrath und Erkrath haben ja keine Gesamtschule und ein Bedarf ist da sicher auch gegeben. So wäre nämlich die Finanzierung auf mehrere Schultern zu tragen gewesen.“
In Mettmann fällt auf, dass sich die Parteien häufig deckungsgleich verhalten und mittlerweile auf Kuschelkurs sind. Können Sie dies bestätigen?
„Den Kuschelkurs der etablierten Parteien kann ich bestätigen. Anfänglich habe ich dies auf das schlechte Wahlergebnis bei der letzten Bürgermeisterwahl zurück geführt. Die Parteien im Stadtrat haben nämlich davon Abstand genommen, Herrn Dinkelmann wegen seiner schlechten Arbeit zu kritisieren. Aber nach so einer langen Zeit fehlt mir dafür jegliches Verständnis. Es gibt nämlich ausreichend Kritikpunkte, Herrn Dinkelmann wegen seiner Arbeit anzugreifen.“
Nun wird auch über einen gemeinsamer Kandidat von CDU und SPD diskutiert. Was bedeutet dies für die politische Kultur in der Stadt? Wo bleibt die gehaltvolle Diskussion?
„Ich habe davon gehört, dass CDU und SPD bemüht sind, einen gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten zu finden. Ob das aber wirklich zutrifft, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. Durch die Abschaffung der Stichwahl wird es natürlich für einen Kandidaten schwer, in der ersten Wahl den amtierenden Bürgermeister durchzubekommen. Insofern wäre es zu begrüßen, wenn es den Parteien gelänge, einen gemeinsamen Kandidaten zu finden, der dann Mettmann aus dem Tiefschlaf holt. So wie jetzt kann es auf keinen Fall weitergehen. Die UBWG würde einen guten Kandidaten auch unterstützen.“
Vielen Dank für das Gespräch!