Kim Cremer wurde ein Teil seines Beins amputiert - Er teilt seine Erfahrungen in einem Blog Der Alltag mit Prothese
Mettmann · Vor gut einem Jahr haben wir den Mettmanner Kim Cremer kurz nach seiner Unterschenkelamputation besucht.
Der mittlerweile dreifache Vater - der jüngste Spross ist gerade einmal sechs Monate alt - berichtete uns von seiner Odyssee durch Krankenhäuser, Besuche bei Schmerztherapeuten und den vier undenkbar schmerzhaften Jahren zwischen einem schweren Motorradunfall und dem Entschluss, sich von einem Stück seines Beins zu trennen.
Zur Erinnerung: Am 16. April 2013 wurde der junge Vater auf dem Heimweg von der Arbeit im Neandertal von einem Auto erfasst. Auf direktem Weg ging es für Kim Cremer in die Uniklinik Düsseldorf, eine völlig zerstörte Fußraste sowie weitere Blessuren waren die tragische Folge des beinahe tödlichen Unfalls. In einem Blog mit dem humorvollen Titel "Das Leben geht weiter, auch wenn es humpelt" hat der Mettmanner akribisch seine Erfahrungen mit der Öffentlichkeit geteilt. "Anfänglich war es noch ein Schmerztagebuch, mittlerweile berichte ich aus meinem aktiven Alltag mit der Prothese."
Und eben diese Erfahrungsberichte sind es, die den Menschen weit über die deutschen Landesgrenzen hinaus Mut machen. Knapp 1000 Follower lesen die Blogeinträge des Kreisstädters regelmäßig. "Auch bei Facebook hat sich eine große Gemeinschaft von rund 1000 Lesern gebildet." Kein Wunder, denn Kim Cremer hat seit der Amputation sprichwörtlich ins Leben zurück gefunden. "Der Alltag mit Prothese ist für mich ganz normal geworden. Ich wünschte, ich hätte diesen Schritt schon eher gemacht und mich keine vier Jahre mit Schmerzen gequält." Dass eine solche Entscheidung aber auch gedanklich gut durchgespielt werden muss, dessen ist sich der Familienvater sicher. Deshalb nutzt er seine Plattform auch gerne, um Menschen in der gleichen Situation mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. "Erst heute habe ich mich wieder mit einem jungen Mann unterhalten, der vor kurzem einen schweren Unfall hatte und vor der gleichen Entscheidung steht wie ich damals. Meine Frau Sabrina ist ebenfalls eine große Stütze. Sie kann mit den Angehörigen der Unfallopfer sprechen und ihre Erfahrungen schildern."
Dass sich ein Leben mit Prothese kaum von einem "gesunden" Lebensalltag unterscheidet, macht Kim Cremer immer wieder deutlich. Das beweist auch seine neuste Leidenschaft: Das Mountainbiken. Mit einem E-Bike ist Cremer im Bergischen Land unterwegs und meistert auch steile Strecken. "Das Neandertal stellt für mich keine Herausforderung mehr da. Vor kurzem war ich mit Freunden im Bikepark in Winterberg." Seine Prothese wird durch einen Magneten an der Pedale befestigt. "Ich würde sonst nicht spüren, wenn ich abrutsche. Das könnte mitunter gefährlich werden."
Zudem ist der aktive Mettmanner als Testträger für namhafte Prothesenhersteller im Einsatz. Bei den vergangenen "Activity Days" im Osten Deutschlands durfte Kim Cremer sogenannte Karbonfedern testen. "Anstelle der Fußprothese hat man eine Sprungfeder am Bein befestigt, die schnelle Sprints und Läufe durchhält. Normale Prothesen eignen sich bei hoher Geschwindigkeiten nicht." Endlich einmal wieder richtig durchzustarten und "Gas" zu geben, das war für den aktiven Sportler ein tolles Erlebnis. "Das erste Mal nach fünf Jahren, dass ich wieder eigenständig schnell laufen konnte. Ein unbeschreibliches Gefühl."
Natürlich möchte Kim Cremer auch seinen Kindern in nichts nachstehen. Besuche im Trampolinpark oder Flugstunden im Luftkanal gehören mittlerweile zum Freizeitangebot der fünfköpfigen Familie. "Ich bekomme fast ausschließlich positives Feedback, wenn mich die Menschen mit der Prothese sehen. Die wenigen Leute, die darauf negativ reagieren, kann ich an einer Hand abzählen."
Mittlerweile ist Kim Cremer auch wieder voll im Berufsleben angekommen. Nach seiner Umschulung zum Groß- und Außenhandelskaufmann macht er nun die Buchhaltung für ein Ratinger Unternehmen. Wenn nicht gerade sportliche Aktivitäten auf dem Freizeitprogramm stehen, besucht der Blogger gemeinsam mit Freuden gerne Punk-Konzerte in der Umgebung. Natürlich nicht als stiller Beobachter von der Seite, sondern - wie sollte es auch anders sein - mittig ganz vorne!
Die ganze Geschichte und noch mehr über Kim Cremers Alltag lässt sich unter www.kimiiblog.wordpress.com nachlesen.