Interview mit Dr. Luciana Martena und Andreas Scherer Zerbricht der Integrationsrat an fehlendem Interesse?
Mettmann · Der Integrationsrat ist ein politisches Gremium, das in erster Linie als Verbindungsglied zwischen sozialen Institutionen, Verwaltung und Politik fungieren soll. Um das Thema Integration in der Bürgerschaft zu vertiefen, stehen Transparenz und Dialoge an erster Stelle für die Mitglieder.
Doch wie ist es um den Integrationsrat der Stadt Mettmann bestellt und wie sieht die Zukunft der politischen Einrichtung aus? Wir haben uns mit Dr. Luciana Martena, Vorsitzende des Integrationsrates, sowie Andreas Scherer, Abgesandter des Freundschaftsvereins Mettmann/Gorazde und jahrelanges Mitglied des IR, über die Arbeit und Zukunft des Integrationsrates unterhalten.
Wofür ist ein Integrationsrat da?
Dr. Luciana Martena: "Die Arbeit fokussiert sich darauf, die gemeinschaftlichen Lebensbedingungen von deutschen Bürgern und Migranten zu gestalten. Ich verstehe Integration nicht als 'Verdeutschung' neuer Mitbürger, sondern möchte durch die anderen Kulturen unsere Gesellschaft erweitern."
Andreas Scherer: "Es ist nicht an uns, Menschen dazu zu bringen, das was sie ausmacht, aufzugeben. Wir wollen Bedingungen schaffen, damit Menschen ihre Kultur ausleben können und nicht bloß Unterschiede im Fokus sehen."
Welche Arbeit leistet speziell der Mettmanner Integrationsrat?
Andreas Scherer: "Wir haben verschiedene Arbeitskreise gebildet, die sich mit den Themen Öffentlichkeitsarbeit, Flüchtlinge und Migranten im Alter beschäftigen. Wir versuchen mit Organisationen zu kommunizieren und stützen unsere Arbeit auf ein eigens erstelltes Thesenpapier. Dieses enthält die Ziele, die wir verfolgen."
Wo herrscht Optimierungsbedarf?
Dr. Luciana Martena: "Was wir vermissen, ist die aktive Beteiligung der Mitglieder. Der Integrationsrat besteht aus acht gewählten Vertretern, wovon sich lediglich drei Personen regelmäßig engagieren. Mit so wenig Unterstützung funktioniert unsere Arbeit nicht und macht ehrlich gesagt wenig Sinn. Ich bin seit 2014 gewählte Vorsitzende und kann zum aktuellen Zeitpunkt nicht sagen, ob ich das Amt erneut antreten würde. Neben dem fehlenden Engagement ist es die lückenhafte Vernetzung, die mit Kopfschmerzen bereitet. Projekte, die von Organisationen ins Leben gerufen werden, bekommen wir zu spät mitgeteilt und auch die Aktivitäten anderer Integrationsräte im Kreis sind für uns kaum ersichtlich. Jeder kocht sein eigenes Süppchen, obwohl man von einander profitieren könnte.
Ein weiteres großes Thema stellt für mich die Bildungsfrage dar. Es müssten viel mehr Projekte ins Leben gerufen werden, die sich mit dem Thema Schulbildung auseinander setzen. Allein 30 Prozent der Migrantenkinder haben keinen Schulabschluss. Das ist erschreckend und wird aktuell nicht beachtet."
Sehr häufig fällt in der Arbeit des Kreisintegrationsrates der Begriff "Rassismus" und es gibt viele Aktionen dagegen. So wird in der kommenden Woche die "Woche gegen Rassismus" begangen. Wie sehen Sie die Situation in Mettmann, gibt es diese Probleme hier, die ein so starkes Aufkommen von Aktionen rechtfertigen? Es scheint schon fast so als würde der KIR dieses Thema ständig "beackern", wenn man das so salopp formulieren kann.
Dr. Luciana Martena: "In Mettmann wird kein Rassismus gelebt und wir sind eine Stadt, die eine Willkommenskultur lebt. Wir müssen uns viel mehr auf Themen wie Bildung konzentrieren."
Wie sieht die Zukunft des Mettmanner Integrationsrates aus?
Dr. Luciana Martena/Andreas Scherer: "Aktuell sehen wir keine Zukunft, wenn sich die Menschen nicht wieder mehr beteiligen. Die Äußerung der Staatssekretärin im Düsseldorfer Integrationsministerium Serap Güler, gegenüber Integrationsräten war deutlich. Diese betitelte die Arbeit als Kaffeekränzchen. Das sieht in Mettmann derzeit nicht anders aus. Wir befürchten, sollte sich nicht bald am Bewusstsein der Mitglieder, aber auch der Bürgerschaft etwas ändern, wird es zur Wahl in zwei Jahren keine neuen Kandidaten geben. Dies wäre das Ende des Mettmanner Integrationsrates."
Info: Am 21. März steht der Integrationsrat gemeinsam mit der AWO anlässlich der Rassismuswoche am Waschbrett, um über das Thema aufzuklären.