Digitale Nachbarn im Quartier

Mettmann · In der letzten Woche besuchte Dr. Claus Eppe, der die Modellprojekte der Quartiersakademie des Ministeriums für Stadtentwicklung begleitet, den AWO Treff Mettmann.

Dr. Claus Eppe, Geschäftsführer der Projektgruppe Quartier im Ministerium für Stadtentwicklung NRW (hinten rechts) mit den Initiatoren der AWO, dem stellv. Bürgermeister Berthold Becker und Teilnehmern der neuen Nachbarschaft Mettmann Mitte.

Foto: RG

(RG) Das PC Café in der AWO Begegnungsstätte hat lange Tradition. Viele Senioren haben hier den Umgang mit PC und Smartphone gelernt und viele werden es in Zukunft noch lernen. Als die Freifunk Initiative 2013 begann die Innenstadt mit freiem WLAN zu versorgen, war es selbstverständlich, das in den Räumen der AWO ein Freifunk-Router platziert wurde. Aus dem Kontakt zwischen Walter Hill, der verantwortlich für das PC Café ist und Lutz Wulfestieg, der die Freifunk Initiative in Mettmann vertritt, kam schließlich auch der Impuls Nachbarn, vor allem auch weniger mobile Senioren, digital zu vernetzen. So kam es schließlich zur Bewerbung der AWO im Modellprojekt der Quartiersakademie NRW "Bürger vernetzen Nachbarschaften: Quartiersentwicklung nutzt digitalen Wandel", für das 45 Bewerbungen eingingen, von denen 15 zur Teilnahme ausgewählt wurden. Finanzielle Unterstützung gibt es dafür seitens des Landes nicht. Die Unterstützung erfolgt über die Quartiersakademie, die den Erfahrungsaustausch unter den Modellprojektteilnehmern ermöglicht.

Der AWO-Treff Mettmann hat es in die Runde der Modellprojektteilnehmer geschafft. Gemeinsam mit der Good Hood GmbH in Berlin, die die kostenlose Online-Plattform nebenan.de betreibt, startete das digitale Nachbarschaftsnetzwerk. Nach einer Pilotphase im Herbst 2016 wurden Mitte Dezember insgesamt 5.000 Einladungsflyer mit Übersetzung in sechs Sprachen verteilt. Inzwischen nehmen knapp 160 Nachbarn aus dem Quartier Mitte und Goldberg teil. "Nebenan.de funktioniert wie ein geschütztes Facebook. Es gibt keine Fake-Profile. Jeder Nachbar ist eine reale Person und so ist auch der Umgang miteinander von Respekt geprägt", schildert Walter Hill die Vorteile des digitalen Netzwerks. Innerhalb von nicht einmal drei Wochen äußerten teilnehmende Nachbarn den Wunsch sich persönlich zu treffen. Das erste Treffen fand am 14. Januar 2017 im AWO Treff Mettmann statt. Daraus sind viele weitere Ideen zur digitalen und realen Vernetzung und die Verabredung zu monatlichen Treffen entstanden. Über nebenan.de haben sich Gruppen zu gemeinsamen Interessen und Hobbys gebildet, aus denen Verabredungen Gleichgesinnter entstehen. Nachbarn können über den 'Marktplatz‘ Dinge tauschen und verkaufen oder Hilfe suchen, wie etwa Babysitter oder einfach eine Einkaufsbegleitung.

Neben Senioren gehören aktuell vor allem junge Familien und 'die nächste Generation Senioren‘ zum Netzwerk. Letztere haben eine sehr genaue Vorstellung davon, wie die gesellschaftliche Teilhabe von Senioren aussehen sollte, damit niemand abgehängt allein zu Hause sitzt. Aus den persönlichen Treffen der Nachbarn haben sich inzwischen viele Ideen entwickelt, von denen einige auch schon umgesetzt wurden. Dazu gehört ein Video- und Vortragsabend, an dem Besucher Vietnam von einer ganz anderen Seite kennenlernen konnten. Geplant sind gemeinsame Wanderungen, auch für Menschen mit Einschränkungen, 'Klön-Abende‘, Jazz- und Swing Musikabende, WLAN für die Besucherterrasse des AWO Treffs, gemeinsames Frühstück, aber auch Vorträge zu Pflegestufen, die Betroffenen und Familienangehörigen Hilfestellung geben sollen.

Mit dem Wissen, dass es vielen zugewanderten Senioren schwerfällt sich schriftlich in Deutsch auszudrücken, würde man gern heimatsprachliche Gruppen bilden, für die aber noch Moderatoren in den jeweiligen Sprachen fehlen. Wenn sich genügend aktive, PC-versierte Bastler fänden, wäre es auch denkbar ausrangierte PCs und Laptops aufzuarbeiten und einzurichten, damit auch die teilnehmen können, die sich keinen eigenen PC leisten können. Der kostenfreie Internetzugang ist bereits an vielen Stellen im Quartier durch Freifunk möglich. Mit Hilfe der Nachbarn kann die Verfügbarkeit noch ausgebaut werden. "Ich könnte sicher auch noch einen älteren PC beisteuern", verrät Claus Eppe, der sich über die aktiven Nachbarn in Mettmann freut.