Steinzeitfund oder Flussgeröll?
Mettmann · Ein Urlaub an der belgischen Nordseeküste blieb Familie Schuhmann-Kessner in besonderer Erinnerung, obwohl dieser bereits 20 Jahre zurück liegt.
Während die meisten Familien Muscheln und Urlaubsfotos sammeln, fand die Familie eine große Knochenplatte am Strandufer. Auch über alte und unnatürlich große Zähne wurde gestolpert.
Rainer Vogel hingegen durchforstete das nah gelegene Rheinufer auf der Suche nach Feuersteinen und Steinzeitwerkzeugen. Nun brannte allen Hobbyforschern eine Frage unter den Nägeln: "Sind wir auf echte Schätze der Steinzeit gestoßen?"
Eine Frage, die Archäologe und Prähistoriker Andreas Pastoors während seiner Bestimmungstage im Neanderthalmuseum gerne beantwortet. Der wissenschaftliche Mitarbeiter ist Spezialist im Bereich fossiler Steine. "Der Grundgedanke hinter den Bestimmungstagen lag darin, weitere Funde aus der näheren Umgebung zu bekommen. Neben den offiziellen Ausgrabungen gibt es auch immer wieder Zufallsfunde von Hobbysammlern. So haben wir erst kürzlich einen kleinen Faustkeil, ein Steinzeitwerkzeug, aus dem Neusser Raum erhalten", so Pastoors. Die meisten Funde stammen jedoch aus Urlaubsregionen. "Rund 90 Prozent der mitgebrachten Stücke stammen aus dem Urlaub", so der Museumsmitarbeiter.
Eine konkrete Antwort für Familie Schuhmann Kessner gab es während des letzten Bestimmungstages zwar nicht, doch verwies Pastoors auf den Kooperationspartner des Museums, die Uni Köln. Die ist auf Knochen- und Pflanzenfossilien spezialisiert. "Ich werde die Knochenplatte, von der ich ausgehe, dass sie aus Schulter oder Becken stammt, mit nach Köln nehmen und untersuchen lassen", sagt Pastoors. "Die Zähne hingegen könnten von Rindern und Pferden stammen. Diese sind noch jünger."
Überhaupt spricht man in der Menschheitsgeschichte nicht von Versteinerungen. "Die Geschichte der Menschheit ist noch zu jung als dass man Versteinerungen aus dieser Zeit finden würde", erklärt der Archäologe.
Rainer Vogel hingegen ist voller Hoffnung, seine rund 20 mitgebrachten Steine einer älteren Epoche zuordnen zu können. "Die Form der Steine erinnert mich an Werkzeuge", so der Düsseldorfer. Andreas Pastoors muss allerdings auch hier auf die Bremse treten. "Das Ausstehen der Steine lässt nicht automatisch darauf schließen, dass Menschen die Form beeinflusst haben", erklärt er. "Außeneinflüsse unnatürlicher Art lassen sich an spezifischen Merkmalen, wie Einkerbungen und offensichtlichen Stoßstellen, erkennen." Für Rainer Vogel ist diese Erklärung ernüchternd. "Also ist mein Fund lediglich Flussgeröll."
Ulrike Kaulfuss hatte mehr Glück mit ihrem Fund. Auf der Insel Juist fand sie nicht nur einen Feuerstein, sondern auch einen von Menschen behandelten Stein. Ein so genanntes Nutzungsmesser. "Ich werde den Fund der Insel Juist melden, vielleicht hat die Verwaltung dafür Verwendung", sagt Ulrike Kaulfuß. Im Neanderthalmuseum findet Ulrike Kaulfuß Stein allerdings keinen Ausstellungsplatz. "Wir sind in erster Linie ein Museum, welches über die Evolutionsgeschichte aufklärt. Fundorientiert sind wir nicht.", sagt Andreas Pastoors.
Die Bestimmungstage werden vom Museum viermal im Monat angeboten. Weitere Termine gibt es auf der Homepage www.neanderthal.de .