Piraten kritisieren Heiko Maas: "Ich weiß bald, wer Du bist..."
Kreis · Auch mit den Nachbesserungen am Gesetzesentwurf zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz von Justiziminister Heiko Maas (SPD) stellt es nach Meinung der Piratenpartei immer noch eine Gefahr für Aktivismus und Journalismus im Netz dar.
Wenn es nach dem neuen Gesetzesentwurf von Justiziminister Heiko Maas geht, werden in Deutschland schon bald "verfassungsfeindliche Verunglimpfungen" oder "landesverräterische Fälschungen" innerhalb von 24 Stunden gelöscht. Das geht aus dem Referentenentwurf des "Netzwerkdurchsetzungsgesetz" hervor, der zur Notifizierung an die EU geschickt wurde und den die Piraten bereits in seiner alten Fassung kommentierten.
Auch Heise.de und Netzpolitik.org äusserten sich in Beiträgen dazu. Die Piraten warnen davor, dass durch das neue Gesetz die nach dem Grundgesetz für alle Menschen verbriefte freie Meinungsäußerung ausgehebelt werden könnte. "Anonymität ist ein wichtiger Schutz und keine Waffe. Dies betrifft Journalisten genauso wie Menschenrechtsaktivisten. Wer sich gegen Unrecht engagiert und seine Identität nicht mehr wirksam schützen kann, ist somit Racheaktionen unmittelbar ausgeliefert. Eine freie Meinungsäußerung wird faktisch unmöglich. Wir bleiben wachsam und werden die weiteren Entwicklungen genau beobachten", so Patrick Schiffer, NRW-Spitzenkandidat und Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland.
"Uns Piraten kommt die Diskussion um erweiterte Kontrollmaßnahmen im Netz sehr bekannt vor", betont Schiffer. Im Frühjahr 2009 gab es bereits die Initiative, in das Angebot und die Bereitstellung von Inhalten im Internet einzugreifen. Durch das Zugangserschwerungsgesetz sollten Internetseiten gesperrt und dabei geheime Sperrlisten unter Verwaltung des BKA und ohne richterliche Kontrolle verwendet werden. Die jetzige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen verdiente sich durch ihre Initiative damit den seitdem weithin bekannten Spitznamen "Zensursula".
Sebastian Alscher, Spitzenkandidat der Piratenpartei Deutschland für die Bundestagswahl, fordert: "Unsere Gesellschaft benötigt einen Raum, in dem ein offener Diskurs stattfinden kann. Mit dem Gesetz überträgt der Staat hoheitliche Aufaben auf privatrechtliche Unternehmen und schafft ein zunehmend engmaschigeres Netz an Überwachungsmaßnahmen. In der Hoffnung, dass in der Fülle der Gesetzesanträge zum Ende der Legislaturperiode der Bürger müde ist und nicht jeden Antrag geeignet kommentieren und kritisieren kann, werden hier die Bürgerrechte gezielt weiter ausgehöhlt."
"Jetzt geht es wieder um den selben Inhalt und mit derselben Zielsetzung, die Mittel sind jedoch andere. Anstelle des Staates sollen nun privatwirtschaftliche Unternehmen als Kontrollinstanz herhalten. Das Problem, das uns Piraten im Kern daran stört, ist der Aufbau einer Infrastruktur, die unzweifelhaft zum Zweck der Zensur eingesetzt wird. Wenn diese zusätzlich durch eine Klarnamenspflicht bei den zu regulierenden Netzwerken ergänzt wird, sind nicht nur dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet, sondern es wird willkürliche Inhaltskontrolle und Überwachung nicht nur legitimiert, sondern sogar zum Normalzustand erhoben", so Schiffer.
Ute Elisabeth Gabelmann, Stadträtin für die Piraten in Leipzig und Direktkandidatin zur Bundestagswahl 2017, die schon bei der großen von den Piraten angestoßenen Protestwelle im Jahr 2009 dabei war, kritisiert: "Es ist nicht hinnehmbar, dass die Bundesregierung alle paar Jahre mit wechselnden Begründungen und fadenscheinigen Vorwänden versucht, eine Zensur-Infrastruktur im freien Internet zu etablieren. Bereits 2009 haben Zehntausende diesem Vorhaben eine klare Absage erteilt, und wir werden dies auch in diesem Jahr mit Nachdruck und aller Konsequenz tun."