Experte Norbert Küpper analysiert Wahlplakate Die Wahlwerbung unter der Lupe
FDP: Neues Image durch die Farbigkeit. Die knalligen Farben sind seit der letzten Bundestagswahl eine Eigenheit der FDP. Man will durch diese Farben junge Wähler auf die Partei aufmerksam machen und das Image ablegen, nur eine Partei für Freiberufler wie Zahnärzte und Rechtsanwälte zu sein. Aufgrund der Farbe sehr auffällig. Gut: Der Name der Kandidatin wird genannt. Schlecht: Was soll mir der Slogan sagen? Auch schlecht: Warum scheint die Kandidatin nach vorne zu fallen?
Grüne: Grüne Sätze als Unterscheidungsmerkmal. Die Plakate der Grünen sind stark durch die Schrift und den weißen Hintergrund geprägt. Das hebt sie ab von den anderen, die ein großes Foto hinterlegt haben. Die Kandidatin wird links in einer selbstbewußten Pose gezeigt. Das passt zum Slogan: „Kommt, wir bauen das neue Europa!“ Allerdings ist Annalena Baerbook eine der beiden Vorsitzenden der Grünen, außerdem ist die Abgeordnete im Bundestag. Gut: Insgesamt zeigt das Plakat einen positiven Eindruck von Europa. Die Grünen wollen da gerne mitmachen. Schlecht: Die Spitzenkandidaten der Grünen für die Europawahl sind Franziska Keller und Sven Giegold. Personen, die niemand kennt. Darum werden die Parteivorsitzenden auf den Plakaten gezeigt, die aber überhaupt nicht ins Europäische Parlament wollen.
SPD: Europa ist die Antwort auf viele Probleme. Man sieht ein Kind am Meer. Darauf ist das Wort Klimaschutz gesetzt. In rot steht darunter: Europa ist die Antwort. Die Idee Europa soll als Lösung für Klimaprobleme dargestellt werden. Die SPD steht Europa positiv gegenüber und darum soll man sie ins Europäische Parlament wählen. Der Slogan „Europa ist die Antwort“ ohne Wortzwischenräume ist typisch fürs Internet, aber auf einem Plakat schlecht lesbar. Interessenten können unter diesem Stichwort in Internet mehr Informationen finden, wäre meine Vermutung. Allerdings ist nur auf Twitter was zu finden. Die Postings dort sind von Wahlkämpfern der SPD. Gut: Sehr gut wiedererkennbare Werbung. Schlecht: Aussagen aus einem Wort sind schwierig. Es können unverständliche Plakate entstehen.
CDU: Sicherheit als Kernbotschaft. Die CDU hat eine etwas schwierige Aussage für ihre Plakate gewählt. Links wird in schwarz-weiß das Problem gezeigt und rechts die Lösung. Allerdings ist bei vielen Motiven nicht klar, dass es völlig getrennte Bereiche sind. Auf diesem Plakat scheinen sich die beiden Personen am Bildschirm gegenüber zu sitzen. Die arbeiten wohl beide für einen Geheimdienst? Nein. Links ist der Kriminelle im Internet zu sehen und rechts die Polizistin, die ihn zur Strecke bringt. Ob es eine Polizei-Einheit gibt, bei der man im Büro am Computer Tarnkleidung trägt – ich glaube es nicht. Es soll wohl den geheimen Kampf der Sicherheitskräfte verbildlichen. Jedenfalls steht die Sicherheit der Bürger bei der CDU im Vordergrund. Gut: CDU profiliert sich als Partei der Sicherheit. Schlecht: Komlizierte Plakatidee, die nicht immer verständlich ist.
Zur Person: Norbert Küpper ist Spezialist für Zeitungs- und Zeitschriftendesign. Er hatte viele Jahre einen Lehrauftrag an der Fachhochschule Düsseldorf und wird zu Vorträgen an Hochschulen eingeladen. Im Februar war er z.B. an der ZHdK – Züricher Hochschule der Künste – und Mitte April bei einer Tagung des Instituts für Zeitungsforschung in Dortmund. Er hat auch mehrmals unser Anzeigenblatt bei der Gestaltung beraten. zu seinem Arbeitsgebiet zählt die Erforschung des Leserverhaltens mit einer BlickaufzeichnungsKamera.